Case-Study:

„Brexit“: Mögliche Folgen für Unternehmen

Teil 1: Steuerrecht und M&A
Steuerrecht
Dr. Marion Frotscher
Mitglied der Geschäftsbereichsleitung Steuern und Recht,
Warth & Klein Grant Thornton AG


„ Die Hinzurechnungs­besteuerung führt für den Steuerpflichtigen regelmäßig zu einer höheren (Gesamt-) Steuerbelastung.“

Zunächst muss zum 1.1. eine Beteiligung von 15% vorliegen. Außerdem muss die Tochtergesellschaft ausschließlich aktiv im Sinne der Missbrauchsvorschriften des AStG tätig sein. Schon ein geringer Anteil an passiver Tätigkeit ist schädlich und würde dazu führen, dass die Dividende der Gewerbesteuer unterliegt. Um sicher zu stellen, dass die Tochtergesellschaft ausschließlich aktiv tätig ist, müssen daher ggf. Funktionen aus der Tochtergesellschaft in andere Gesellschaften übertragen werden. Ggf. können Tätigkeiten, die bisher passiv waren, in aktive Tätigkeiten verändert werden, indem eine Unterstützung aus der deutschen Muttergesellschaft eingestellt wird. Auch insoweit bedarf es aber einer genauen Prüfung und ggf. einer Umstrukturierung der Funktionen im Konzern.

   4. Hinzurechnungsbesteuerung

Ebenfalls zu erheblichen Umstrukturierungen im Konzern kann nach dem „Brexit" die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG führen. Im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung sind Einkünfte einer ausländischen Tochtergesellschaft dann in Deutschland (bei der Muttergesellschaft) zu besteuern, wenn sie im Ausland u.a. einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Abs. 3 AStG) und passiv i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG sind. Derartige Einkünfte unterliegen in Deutschland in voller Höhe der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer (§ 7 Satz 7 GewStG). Die ausländische Steuer kann zwar auf die deutsche Körperschaftsteuer angerechnet werden (§ 12 Abs. 1 AStG) oder als Betriebsausgabe von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden (§ 12 Abs. 3 AStG). Diese Möglichkeiten der Berücksichtigung ausländischer Steuer kann die doppelte Besteuerung aber nicht vollständig vermeiden. So kann insbesondere keine Anrechnung auf die deutsche Gewerbe­steuer erfolgen. Die Hinzurechnungsbesteuerung führt für den Steuerpflichtigen daher regelmäßig zu einer höheren (Gesamt-)Steuerbelastung.

Eine niedrige Besteuerung der sog. ausländischen Zwischengesellschaft liegt schon bei einem effektiven Steuersatz von unter 25% vor (§ 8 Abs. 3 AStG).1 Da in Großbritannien derzeit ein Körperschaftsteuersatz von 20% gilt, liegt danach eine niedrige Besteuerung vor. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung ist damit erfüllt.

In der Vergangenheit kam es aber regelmäßig nicht auf die Höhe des Steuersatzes in Großbritannien an (ebenso wenig wie auf die Frage der aktiven oder passiven Einkünfte), da die Hinzurechnungsbesteuerung innerhalb der EU bzw. EWR dann nicht zur Anwendung kommt, wenn ausreichend Substanz bei der ausländischen Tochtergesellschaft vorgehalten wird (§ 8 Abs. 2 AStG). Substanz bedeutet dabei nach ganz herrschender Auffassung die Ausstattung der Gesellschaft mit Sach- und Personalmitteln. Der Umfang der Substanz soll sich an dem im Ausland ausgeübten Geschäft orientieren, so dass im Ausland ausreichend Personal und Geschäfts­ausstattung vorhanden ist, um das Geschäft der ausländischen Gesellschaft zu führen. Der Begriff der Substanz ist auslegungsbedürftig und unterscheidet sich je nach Art der Geschäftstätigkeit.



1Derzeit gibt es beim BMF Überlegungen, im Rahmen einer geplanten Reformierung der Hinzurechnungsbesteuerung diese Grenze auf 15% (d.h. den deutschen Körperschaftsteuersatz) herabzusetzen.